Forschung
Die Arbeiten der Gruppe „Polymerphysik“ beschäftigen sich mit Struktur-Eigenschafts-Beziehungen von Polymeren und verfolgen die Zielsetzung das Eigenschaftsprofil von Hochpolymeren signifikant zu verbessern oder sogar um neuartige, innovative Eigenschaften zu erweitern. Aktuelle Beispiele sind:
Neuartige Eigenschaften durch „kritische Vernetzung“
Unter kritischer Vernetzung versteht man die Vernetzung von Polymeren auf der Grenze zwischen thermoplastischem zu elastomerem Verhalten. Ziel einer derart geringfügigen Vernetzung ist es, die Eigenschaften des ursprünglichen Thermoplasts (Kristallisationsfähigkeit, Kristallinität, Schmelztemperatur, Steifigkeit, Festigkeit, etc.) weitestgehend zu erhalten und mit denen eines typischen Elastomers (reversibles gummielastisches Verhalten der Polymerschmelze) zu kombinieren. Bisher konnte gezeigt werden, dass eine kritische Vernetzung nicht nur dazu dienlich ist, prinzipiell jedem Polymer einen Formgedächtnis-Effekt mit extrem großer speicherbarer Dehnung und mechanischer Arbeit aufzuprägen, sondern auch dazu genutzt werden kann die entropisch motivierte Relaxation effizient zu kontrollieren, zu verzögern oder gar gänzlich zu unterdrücken.
Beispielsweise konnte das Konzept der kritischen Vernetzung ausgenutzt werden, um Naturkautschuk einen Formgedächtnis-Effekt mit außergewöhnlichen Eigenschaften aufzuprägen. Kritisch vernetzter Naturkautschuk (SMNR) ist nicht nur in der Lage enorm große Dehnungen und mechanische Energien zu speichern, sondern lässt sich auch kaltprogrammieren. Das bedeutet, dass bei diesem Formgedächtnis-Polymer, die zur Programmierung notwendige Erwärmung oberhalb der Triggertemperatur sowie das Abkühlen nach erfolgter Verformung entfällt.
Weiterhin hebt sich SMNR von anderen Formgedächtnispolymeren dadurch ab, dass die Triggertemperatur keine Material-Konstante ist, sondern sich in weiten Grenzen durch Variation bestimmter Parameter während der Programmierung sowie durch Beaufschlagung mit mechanischer Spannung oder Lösungsmitteln auch noch nach erfolgter Programmierung einstellen lässt. Als weiteres Alleinstellungsmerkmal wurden mechanische und chemische Triggermöglichkeiten und die Fähigkeit der qualitativen sowie quantitativen Sensorik von Lösungsmitteldämpfen herausgearbeitet.
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Mikro-/Nanostrukturierung von Polymeroberflächen (Poor Men´s Nanotechnology)
Im Sinne einer kostengünstigen Erzeugung periodisch mikro-/nanostrukturierter Polymeroberflächen werden Elastomere im gedehnten Zustand ionisierender Strahlung ausgesetzt und anschließend entspannt. Strahlungsbedingtes Aufbrechen von Netzbögen, Relaxation der Netzbogenfragmente und erneute Vernetzung führen zu einer dünnen relaxierten Oberflächenschicht, die sich beim Entspannen des Elastomers zu einer wellenförmigen Topographie selbstorganisiert. Mechanistische Untersuchungen zeigten, dass die selbstorganisierende, wellenförmige Topographie durch den Dehnungszustand des Elastomers sowie Art und Energie der verwendeten Strahlung gezielt und reproduzierbar beeinflussbar ist.


Derartige mikro-/nanostrukturierte Oberflächenstrukturen können beispielsweise zur Hydrophobie-Stabilisierung von Teilentladungs-belasteten Silikon-Hochspannungsisolatoren eingesetzt werden oder durch Schrägbeschattung mit Metallen zur Herstellung variabel einstellbarer, periodisch mikro-/nanostrukturierter Substrate für die oberflächenverstärkte Raman-Streuung (SERS) ausgenutzt werden.

